Nächtlicher Schienenlärm ist möglicherweise für Zehntausende Erkrankungen und Tote verantwortlich
Nächtlicher Bahnlärm macht nicht nur krank, er fordert auch Todesopfer. Das ist die Kernaussage der »Prognose« eines namhaften Epidemiologen.
Der Mediziner und Epidemiologe Eberhard Greiser von der Universität Bremen ist ein vorsichtiger Mann, das gebietet schon die wissenschaftliche Akkuratesse. Und so sind seine Ausführungen über die krankmachenden Auswirkungen durch nächtlichen Schienenlärm mit einem Fragezeichen versehen. Gleichwohl glaubt Greiser, wie er jetzt in Mainz vor Journalisten erklärte, dass die ermittelten Zahlen der Krankheits- und Todesfälle »vermutlich« zu niedrig geschätzt seien und es »wahrscheinlich« mehr Betroffene gebe.
Worum geht’s? Greiser hat für die Bahnbürgerinitiativen am Mittel- und Oberrhein eine »Hochrechnung« angefertigt, die auf zwei Studien zum Fluglärm fußt. Die Annahme war, dass Bahnlärm aufgrund vergleichbarer Lärmcharakteristik wie beim Überflug eines Flugzeugs zu ähnlichen Auswirkungen bei den Betroffenen ührt. Allerdigns: »Jede Prognose ist mit Vorsicht zu genießen«, sagt Greiser selber.
Der Professor hat also die Zahlen der im deutschen Teil der Transversale Rotterdam-Genua betroffenen Personen ermittelt und deren Gesundheitsrisiken mit den Zahlen der Fluglärmstudien gleichgesetzt.
Resultat: Für den Zeitraum 2012 bis 2021 werden rund 75 000 Bahnlärmkranke und knapp 30 000 Tote zwischen der niederländischen und der Schweizer Grenze erwartet. Die Diagnosen sind demnach im Wesentlichen Herzerkrankungen, Diabetis, Nierenversagen und Depression. Die geschätzten Kosten der Erkrankungen kommen auf fast 3,9 Milliarden Euro.
Greiser weist auch darauf hin, dass ein Zusammenwirken von Schienen-, Straßen- und Fluglärm nicht berücksichtigt und die Folgen von Vibrationen noch nie untersucht worden seien. »Da könnte noch was zukommen.«
Das Mittelrheintal hält Greiser »vermutlich« für den am schlimmsten vom Bahnkrach belasteten Teil der Strecke.
Für zu »konservativ« hält Frank Gross, Vorsitzender der rheinland-pfälzischen BI Pro Rheintal, die Greiser-Prognose. Gross zeigt sich von den Zahlen »erschüttert« und sagt: »Wer nachts nicht schlafen kann, kann auch nicht leben.«
Die Plausibilitätsbetrachtung des Bremer Professors hält auch Roland Diehl von der IG Bohr für »vernünftig«. »Wir folgen ihm in seinen Vermutungen.« Diehl und Gross fordern unisono, dass der Bestandsschutz für Bahnstrecken in Wohnbebauungsnähe aufgehoben und der Staat den Schutz der Bevölkerung ernst nehmen soll. »Man überlässt die Leute ihrem Schicksal«, meint Diehl.
Nach den Greiser-Zahlen sind im deutschen Teil der Rotterdam-Genua-Strecke 1,95 Millionen Anwohner nachts von Bahnlärm jenseits der 46 dB(A) betroffen, 32 000 erleiden Werte von über 70 dB(A).
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